Die Diagnose Diabetes bedeutet für Kinder und Eltern eine komplette Umstellung der Lebensgewohnheiten. Denn Diabetes Typ-1 (Typ-2 ist bei Kindern sehr selten) bedeutet, dass die Bauchspeicheldrüse überhaupt kein Insulin mehr herstellt. Das Insulin benötigen die Kinder aber, damit der Stoffwechsel aufrecht erhalten werden kann und der Blutzuckerspiegel konstant bleibt.
Für die Therapie und die Aufrechterhaltung der lebenswichtigen Körperfunktionen ist es wichtig, dass die Kinder in der Schule, im Kindergarten, in der Freizeit, zu Hause und sogar im Sportverein ihren Blutzuckerspiegel überwachen, auf ihre Ernährung achten, einen ausgeglichenen Lebensstil mit Sport führen und außerdem bei Bedarf Insulin spritzen. Das erfordert ein Maß an täglichem Management, an dem manche Erwachsene scheitern.
Und doch schaffen es eigentlich alle Kinder, ihre Gesundheit soweit im Blick zu haben, dass das funktioniert. Sie lernen den Umgang mit ihren Messgeräten und Injektionsgeräten sowie die Beobachtung des eigenen Energiebedarfs, der Zufuhr durch die Ernährung und alles weitere im Rahmen einer begleitenden Therapie, zusammen mit ihren Eltern und näheren Angehörigen. Eltern und Kinder werden im Umgang mit Diabetes geschult und gehen normalerweise recht stark zurück in ihr eigenes Leben, wo sie den Herausforderungen in der Regel ganz gut gewachsen sind.
Warnzeichen von Diabetes bei Kindern rechtzeitig erkennen
Etwa 300 Kinder und Jugendliche in Österreich erkranken jedes Jahr an Diabetes Typ-1. Diabetes Typ-2, MODY (in der Pubertät einsetzende Diabetes) und neonatale Diabetes (nur in den ersten Monaten oder Jahren nach der Geburt) sind viel seltener. Ganz genau bekannt ist nicht, wie viele Kinder im Bundesgebiet von der Erkrankung betroffen sind.
Ein erstes Warnzeichen für Diabetes kann starker, häufiger Durst sein. Wenn das Kind extra viel und oft trinkt und sehr häufig zur Toilette gehen muss, dann kann das ein Anzeichen für Diabetes mellitus, so die alternative Bezeichnung für Diabetes Typ-1, sein. Wiederkehrende Infektionen und Gewichtsverlust können dazu kommen, und manche Kinder klagen über Müdigkeit und Kopfschmerzen. Leistungs- und Konzentrationsschwierigkeiten sind ebenso Warnsignale wie permanente Mattigkeit.
Blutzuckerschwankungen erkennen & Blutzuckerwert messen
Bei Diabetes Typ-1 greift das Immunsystem des Körpers die eigene Bauchspeicheldrüse an. Normalerweise sollte die Bauchspeicheldrüse Insulin produzieren, das für die Regulierung des Blutzuckerspiegels benötigt wird. Aber die Autoimmunerkrankung hat zur Folge, dass die Bauchspeicheldrüse kein Insulin mehr produziert. Der Blutzuckerspiegel steigt also sehr schnell an und bleibt auf einem hohen Niveau. Das ist unerwünscht, denn es beeinträchtigt das Wohlbefinden. Die oben genannten Warnsignale treten auf, der Körper kann sich nicht mehr regulieren und der komplette Stoffwechsel gerät durcheinander.
Deshalb müssen Kinder mit Diabetes Typ-1 ihren Blutzuckerspiegel im Blick haben. Sie müssen genau darauf achten, was sie essen, wie viel sie essen, wie viel Energie sie beim Sport verbrauchen und wie sie ansonsten ihren Alltag gestalten. Der Blutzuckerwert muss regelmäßig gemessen werden. Denn so kann erkannt werden, ob er sich verändert, wie stark er schwankt und wann er das tut.
Ist der Blutzuckerspiegel nicht im optimalen Bereich, kann über eine Spritze oder einen sogenannten Pen (ein kleines Gerät, das wie ein Stift aussieht) Insulin in den Körper gebracht werden. Normalerweise sollte sich der Blutzuckerspiegel daraufhin innerhalb von Minuten stabilisieren und auf ein normales Niveau einpendeln. Zumindest vorläufig.
Besonderheiten der Diabetes-Therapie bei Kindern
Die Diabetes Therapie besteht bei Kindern darin, dass sie ihrem Körper bei Bedarf das benötigte Insulin zuführen. Das passiert bei Diabetes Typ-1 mit dem erwähnten Pen oder einer Spritze. Diabetes Typ-2 wird bei Kindern meist eher mit Tabletten behandelt.
Die Therapie sieht vor, dass die Kinder und ihre Betreuungspersonen den Blutzuckerspiegel im Blick behalten und bei Bedarf korrigierend eingreifen. Bei einer Unterzuckerung beispielsweise sollten die Kinder sofort etwas essen. In der Schule kann das schwierig werden, denn oft ist Essen nur in der Pause erlaubt – für Kinder mit Diabetes Typ-1 keine gute Sache, denn eine Unterzuckerung kann im Ernstfall lebensbedrohlich sein. Zur Therapie gehört also dazu, dass Lehrkräfte und andere Betreuungspersonen genau wissen, wie mit der Erkrankung umzugehen ist. Sie müssen eine Unterzuckerung erkennen können und schnell reagieren.
Eine Überzuckerung liegt dann vor, wenn der Blutzuckerspiegel zu hoch ist. In diesem Fall wird der Blutzuckerspiegel über eine Gabe Insulin reguliert. Dafür muss der Blutzuckerwert gemessen werden, die benötigte Insulinmenge errechnet werden (das übernehmen Tabellen und Geräte). Anschließend wird über den Pen die nötige Menge gespritzt.
Den Umgang mit den Messgeräten und den Pen, die nötige Aufmerksamkeit im Alltag und alle weiteren wichtigen Punkte lernen Kinder und Eltern im Rahmen von Schulungen. Die finden nicht nur im Krankenhaus bei der Erstbehandlung und kurz nach der Diagnose statt, sondern werden auch später immer wieder angeboten. Kinder und Eltern werden von medizinischem Personal für den Alltag geschult.
Da sich die Situation von Familien immer wieder ändert, die Kinder erst in den Kindergarten und später in die Schule kommen, muss auch der Alltag immer wieder angepasst werden. Mit der Zeit übernehmen die Kinder natürlich immer mehr Verantwortung für ihr eigenes Wohlergehen. Aber auch das müssen sie erst im Rahmen von Schulungen lernen. Ziel der wiederholten Schulungen ist nicht nur, Kinder und Eltern im Umgang mit der Diabetes zu stärken und sie fit für den Alltag zu machen, sondern auch der Aufbau eines Netzwerks mit anderen betroffenen Familien.
Herausforderungen in Kindergarten & Schule
Kinder mit einer Diabetes-Erkrankung können einen ganz normalen Kindergarten und eine ganz normale Regelschule besuchen. Sie benötigen keine besondere Behandlung, die dort nicht geleistet werden könnte. Die Betreuungspersonen und Lehrkräfte müssen aber unbedingt von der Diabetes erfahren und sollten wissen, worauf sie im Alltag mit dem Kind achten müssen. Denn nicht alle Kinder erkennen die Warnzeichen einer Über- oder Unterzuckerung selbst, sie benötigen hin und wieder die Hilfe gut beobachtender Erwachsener.
Kommen die Kinder mit der Diabetes im Alltag nicht alleine klar, können bei der Krankenkasse Hilfen beantragt werden. Eine ambulante Krankenpflege beispielsweise kann Kindern bei der Messung der Blutzuckerwerte und dem Einsatz des Pens behilflich sein. Manchmal ist es auch sinnvoll, dass die Kinder keinen Pen benutzen, sondern eine Insulinpumpe am Körper tragen. Reicht die ambulante Krankenpflege nicht aus, kann der behandelnde Arzt oder die behandelnde Ärztin gemeinsam mit den Eltern eine Integrationshilfe beantragen. Das ist eine medizinisch geschulte Betreuungskraft, die das Kind in allen Alltagssituationen begleitet und Hilfestellung leistet, wenn dies nötig ist.
Generell ist es für die normale und gesunde Entwicklung von Kindern wichtig, dass sie sich mit Gleichaltrigen abgeben und Kindergarten und Schule regulär besuchen. Sie müssen Sport treiben, sich mit ihren Freunden und Freundinnen treffen, und die Diabetes Erkrankung darf dabei auch ganz normal thematisiert werden. Ambulante Krankenpflege und Integrationshilfe greifen nur ein, wenn es gesundheitlich wirklich wichtig ist. Sie unterstützen das Kind darin, das Diabetes-Management selbst zu übernehmen.
Worauf muss bei Bewegung & Sport geachtet werden?
Kinder mit einer Diabetes Typ-1 benötigen einen möglichst geregelten Tagesablauf, damit das Diabetes-Management so einfach und unkompliziert wie nur möglich ist. Das schließt Bewegung und Sport aber nicht aus, im Gegenteil: Sport ist gut und hilft dabei, gesund zu bleiben. Die Kinder können und sollten ganz normal an den sportlichen Aktivitäten in Kindergarten und Schule teilnehmen.
Allerdings steigt bei körperlicher Bewegung der Energiebedarf. Das heißt, es kommt schneller zu einer Unterzuckerung. Die Kinder müssen also lernen, ihren Energiebedarf grob einzuschätzen, vor dem Sport noch einmal den Blutzuckerwert zu ermitteln und gegebenenfalls weniger Insulin zu spritzen oder zusätzliche Kohlenhydrate zu sich zu nehmen. Bahnt sich eine Unterzuckerung an (und das wird hin und wieder passieren), ist ein Päckchen Traubenzucker griffbereit in der Sporttasche eine gute Idee.
Quellen:
- HealthExpress Schweiz – Definition Diabetes Typ-1 & Typ-2
- Forum Gesundheit Österreich – Typ-1 Diabetes bei Kindern und Jugendlichen
- Netdoktor Österreich – Diabetes mellitus bei Kindern